Hauptsache Widerstand

Andreas Schamanek

2007-02-03

Als ich Mitte der Siebzigerjahre in Tirol und Salzburg dazu angehalten war, das Schifahren zu erlernen, war der Tourismus gerade im Aufschwung. Auf den Schipisten tummelten sich damals noch deutlich weniger Menschen als heute. Es war eine Zeit, als wir uns auf langsamen Einersesselliften den Hintern abfroren und wo manche Schlepplifte selbst fĂŒr geĂŒbte Schifahrerinnen und Schifahrer noch eine Herausforderung waren.

Damals fand sich in jeder lĂ€ngeren Abfahrt meist an einer breiteren Stelle ein Baum in der Mitte der Schipiste. Obwohl links und rechts von dem Baum ausreichend Platz war, gab es Schifahrerinnen und Schifahrer, die zwar lĂ€ssig wedelnd oder auch in eleganten SchwĂŒngen aber doch zielstrebig den Baum rammten.

Ich kenne diese ominösen UnfĂ€lle selbst nur aus ErzĂ€hlungen und wĂŒrde in Bausch und Bogen abstreiten, dass es mir je selbst so ergangen wĂ€re. Ich erinnere mich, dass wir Kinder dachten, diese UnfĂ€lle wĂŒrden wohl nĂ€chstens passieren, wenn die letzten HĂŒtten schließen und hoffnungslos Betrunkene sich am Baum orientierend nicht rechtzeitig die Kurve kratzten.

Doch in den folgenden Jahren war auffallend, dass die BĂ€ume (oder die Schifahrerinnen und Schifahrer) zunehmend geschĂŒtzt wurden. Waren es anfĂ€nglich nur dĂŒnne Strohmatten, so wurden schon bald grĂ¶ĂŸere Strohballen an die BĂ€ume gebunden. Offenbar reichte dies aber nicht aus. So mancher Baum musste gĂ€nzlich weichen, und an den verbliebenen wurden speziell angefertigte Polster mit weit leuchtenden Signalfarben angebracht.

Ich war schon lange nicht mehr auf Schipisten unterwegs und weiß nicht, wieviele Schifahrerinnen und Schifahrer heute noch frei stehende BĂ€ume rammen. Manche Menschen aber, und es scheint keinen Unterschied zu machen, ob sie Schifahren können oder nicht, neigen dazu, “auf offener Piste”, wo rundherum nichts im Wege steht und ausreichend Platz wĂ€re, wenn es lĂ€uft wie geschmiert, und die Zeit nicht drĂ€ngt, und die Sonne scheint wie eh und je, auch dann geradewegs auf den einen Baum zuzusteuern und nicht von ihrer Bahn abzulassen.

 


UrsprĂŒnglich veröffentlicht 2007 unter verbloggtnoamal.


Kommentare

miregal, 2007-02-07

Nunja. Schi- und Autofahrer(innen) zieht es offenbar gern aus ihrer Bewegung heraus in das BodenstĂ€ndige hinein. Daß als Lösung dieses PhĂ€nomens nicht nur die Rodung der PistenbĂ€ume, sondern auch die Entfernung ganzer die Straßen sĂ€umender Alleen angedacht und in die Tat umgesetzt wird, zeigt, wohin wir schlittern, wenn wir mit der Entwurzelung ernsthaft beginnen.

rattus, 2007-02-07

Meistens, wenn ich Eislaufen war, liefen die Menschen im Kreis. Aber auch das kann viel Spaß machen :)

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